Jüdische Kriegsopfer vorm Vergessen bewahren

Zu einer Besichtigung der Gedenktafeln für die Gefallenen und Opfer der beiden Weltkriege traf sich die SPD-Stadtratsfraktion, einschließlich des Bundestagsmitglieds Bernd Rützel, mit dem Kreisheimatpfleger Bruno Schneider auf dem Ehrenfriedhof am Einmalberg. Das teilt die SPD in einem Pressebericht mit.

Der Anlass für den Besuch war die Tatsache, dass im 100. Jahr nach Beginn des Ersten Weltkrieges auf der zentralen Anlage des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge immer noch nicht der für ihr deutsches Vaterland gefallenen jüdischen Mitbürger aus Gemünden gedacht wird. Tote beider Weltkriege

Auf dem Friedhof oberhalb des Verkehrskreisels am Zollberg ruhen acht Tote aus dem Ersten Weltkrieg und 1193 Opfer des Zweiten Weltkriegs verschiedener Nationalitäten und Herkunft. Nach der Fertigstellung 1957 wurden 198 Tote zugebettet. Die große Tafel nennt auch alle Gefallenen der Stadt Gemünden beider Kriege, die in unterschiedlichen Ländern ihr Leben lassen mussten – nur nicht die Soldaten jüdischen Glaubens.

Kreisheimatpfleger Schneider vermutet, dass die Namen der Gefallenen des Ersten Weltkriegs ungeprüft vom Kriegerdenkmal am 1945 zerstörten alten Rathaus übernommen wurden. Das Denkmal war 1937 in der Nazizeit ohne die Angaben der jüdischen Namen fertiggestellt worden. Bereits 1999 hatte Bruno Schneider, auch mit Unterstützung des Historischen Vereins Gemünden, dessen Vorstand er angehört, einen Vorstoß unternommen, um die Gedenktafeln zu ergänzen. Er erhielt damals vom Bezirksvorstand des Volksbundes die Nachricht, dass auf den Tafeln in der Gedenkkapelle kein Platz mehr vorhanden sei.

Rützel erinnerte bei dem Besuch an den Kriegsbeginn vor 100 Jahren, wies auf den internationalen Antikriegstag am 1. September hin und zitierte den Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus, der zu dem lange Zeit eher restriktiven Umgang mit der Geschichte der jüdischen Soldaten im Ersten Weltkrieg sagte: „Diese sind wie die anderen Deutschen in Eisenbahnwaggons nach Frankreich in den Krieg gezogen, mit den gleichen Waggons wurden ihre Familien 20 Jahre später in die Vernichtungslager transportiert.“ Zusatztafel anbringen

Es sei daher auch aus lokaler Sicht wichtig, die Gedenktafeln zu ergänzen, betonte Rützel. Das Argument, es sei kein Platz mehr vorhanden, könne man nicht stehen lassen, waren sich die Fraktionsmitglieder einig. Schließlich befinde sich gegenüber der großen Wand mit den in Stein gemeißelten Namen der Gefallenen auch eine kleinere Tafel aus Metall, auf der die nachträglich umgebetteten Toten aufgeführt seien. In dieser Form müsse es möglich sein, die Lücke der Gemündener Stadtgeschichte zu schließen.

Der Bundestagsabgeordnete hat über sein Büro Kontakt mit der Landesleitung des Volksbundes in München aufgenommen, mit dem Ziel, die Eintragung noch bis zum diesjährigen Volkstrauertag zu bewerkstelligen. Jüdische Gefallene

Die gefallenen Mitbürger jüdischen Glaubens, alle in Gemünden geboren, sind: Albert Kahn, geboren am 15. August 1885, gefallen am 27. August 1915, Siegfried Mayer, 5. Juni 1889/3. Januar1915, Arthur Meyer, 27. September1895/30. April 1918, Sigmund Sichel, 9. März1881/30. April 1918, Moritz Strauß, 19. Dezember 1894/4. September 1916.

Zum Tod von Sigmund Sichel hieß es Im Amtsblatt der Stadt Gemünden am 11. Mai 1918: „Wieder hat der Krieg aus unserer Stadt ein Opfer gefordert. Bei den letzten schweren Kämpfen fiel der Kaufmann Sigmund Sichel. Mit ihm ist eine ruhige, allgemein beliebte Persönlichkeit und ein tüchtiger Geschäftsmann dahingegangen. Seinen Anverwandten bringt man allgemeine Teilnahme entgegen. Dem tapferen Streiter fürs Vaterland wird allzeit ein ehrendes Gedenken bewahrt bleiben.“